16. Juli 2017 - Auf vielen Grünflächen der Stadt Kraichtal bietet sich seit 3 Jahren eine neue, vielfältige und gewollte Pflanzenwelt. In Zeiten zunehmender Stein-Vorgärten, großflächiger Monokulturen und Schädlingsbekämpfungsmethoden ist dies zumindest ein kleiner, sinnvoller Versuch, der immer mehr bedrohten Insektenwelt zu Hilfe zu kommen.

 

Foto: Blühstreifen in Bahnbrücken

Wer sich einmal die Zeit nimmt und an den von der Stadt angelegten sogenannten „Blühstreifen“ verweilt, wird ein munteres Treiben und Flattern bemerken. Es wimmelt auf diesen kleinen „Nektarinseln“ derart vielfältig, dass es das Herz des Betrachters erfreut. Ein Beispiel sei für viele andere hier angeführt: An den beiden Ortseingängen von Bahnbrücken, und hier besonders der am oberen beim Wald, wurden 5 – 7 Kaisermäntel, ein Landkärtchen, der Schwalbenschwanz und C-Falter neben vielen anderen in nur wenigen Augenblicken beobachtet. Solche Restflächen zwischen Wald und Agrarlandschaft werden schnell zu einer „Insektenfläche“, die besonders in den Zeiten geringen Nahrungsangebots nahezu überlebenswichtig für die Insektenwelt vor Ort ist.

Foto: Landkärtchen

Jetzt, im Juli und August, sind nämlich viele Felder abgeerntet, Raine gemulcht oder nur noch Grünpflanzen übrig. Es ist für Wildinsekten die schwierigste Zeit des Jahres zum Überleben. Wenn man also solche Blühflecken für sie anbietet, haben sich ihre Chancen verbessert, zumindest auf Kraichtaler Gemarkung.

Foto: Blühstreifen in Bahnbrücken

Die Hilfe durch die städtischen „Unterstützer“ hat ja auch gewisse geldwerte Vorteile für die Kommune. Viele Pflege- und Mähtermine werden eingespart.  In den Anfangsstadien gab es allerdings auch teilweise Beschwerden von Anliegern, denen der „Wildwuchs“ ein Dorn im Auge  war. Gewohnheitsmäßig wollte man die abrasierten Flächen wiederhaben. Erfreulich aber, dass auch diese Menschen inzwischen die neue Art der Nachbarschaft zu schätzen gelernt haben. Es ist nun bunt und lebendig!

Solch eine Blühfläche verändert im Lauf der Jahre ihre Zusammensetzung und somit auch ihr Erscheinungsbild. Einfach, weil bestimmte Pflanzen mit der Zeit ausfallen und andere dafür das Gesamtbild prägen. Die verblühten Samenstände der Korb- und Doldenblütler bieten z.T. auch bis ins Spätjahr hinein einen reich gedeckten Tisch, für z.B. Distelfinken dem Vogel des Jahres 2016.

Aber ganz ohne Hilfe geht es dann doch nicht. Der Fachmann muss schon einmal unterstützend eingreifen, mit einem Pflegeschnitt z.B., um eine Verbuschung zu verhindern, er muss vielleicht auch mal nachsäen.

Wenn nach 20 Jahren heute ein Rückgang der Insekten um 80 (!) Prozent festgestellt wird, dann zeigt dies die ganze Dramatik, die hier aus vielerlei Gründen eingetreten ist. Wer vor Jahrzehnten mit dem PKW nach Freiburg fuhr, hatte nach kurzer Zeit die Windschutzscheibe voller Insekten. Der sogenannte „Insektenschwamm“ war dann sehr häufig im Einsatz. Wer in heutiger Zeit Autofahrten unternimmt, benötigt diesen kaum noch. Die Insektenwelt ist ausgedünnt. Was braucht es da noch wissenschaftlicher Beweise?

Erkenntnis ist das eine. Handeln ist das andere. Hier ist die Stadt Kraichtal mit sehr gutem Beispiel aktiv vorangegangen. Auch viele Landwirte sind hier durch Bewirtschaftungsveränderung mit eingesprungen. Natur ist ihr, ist unser „Kapital“. Es braucht daher möglichst auch die Unterstützung aus der Bevölkerung heraus. Wie z.B. die NABU Aktion: Bunte Meter.  Jede insekten-/bienenfreundliche Pflanze mehr im Garten oder vor dem Haus verstärkt diese Bemühungen.

Muss es also immer ein englischer Rasen oder ein „Stein- und Schotterbeet“ sein? Wer die o.a. Informationen auf sich wirken lässt, wird nachdenken. Oder noch besser: Handeln.

Ausdrücklicher Dank deshalb vom NABU Kraichtal e.V. an dieser Stelle an die Mitarbeiter der Stadt und des Grüntrupps, auch an die bereits mitwirkenden Landwirte in Kraichtal! Und dies ist auch gerechtfertigt: Dank an die vielen Mitbürger*innen in Kraichtal, die auf diesem Gebiet schon sehr naturnah und bewusst aktiv dabei sind!