13. November 2008- Einer der typischen Merkmale der Kraichgau Landschaft sind Hohlwege.Hohlwege sind als Folge der Verdichtung durch die Nutzung festgelegter Wege durch Mensch und Tier entstanden. Man findet sie vor allem an den steilen Abschnitten alter Feld- und Gemeindeverbindungswege, auf denen einst Ochsen- und Pferdekarren lang zogen. Unter der Last der Gespanne verdichtete sich der Boden, während Wagenräder und Hufe die Bodenoberfläche zerbröselten. So konnte Regenwasser nicht mehr eindringen. Das Wasser floss rasch oberflächlich ab und schwemmte den zermahlten Oberboden hinweg. Ein häufig benutzter Lössweg konnte schon nach wenigen Jahrzehnten mehrere Meter tief ausgewaschen sein. Markante Hohlwege in Kraichtal heißen Galgenhohl, Äckerleshohle und Kaiserhöhlchen. Durch ihr hohes Alter haben Hohlwege kulturhistorische und archäologische Bedeutung. Viele Hohlwege stammen bereits aus der Römerzeit.
Bild: Lösswand in Oberöwisheim - November 2008
Die Lösshohlwege sind aber vor allem ökologisch wertvolle Lebensräume für viele Pflanzen und Tiere, da sie spezielle Bedingungen bieten. An den Flanken der Hohlwege siedeln sich Sträucher und Gehölze an, die vielen Insekten und Kleintieren als Unterschlupf und Nahrung dienen.
Einer dieser einzigartigen Biotope befindet sich in Oberöwisheim. Der kleine Hohlweg hat eine leichte S-Form und ist bis zu 2,50 m tief eingeschnitten und nicht einmal 5 Meter breit. Seine Flanken sind teilweise mit Magerrasen bewachsen, teilweise mit einer niedrigwüchsigen Schlehen-Weißdorn-Ligusterhecke. Was diesen Hohlweg zu etwas besonderen macht ist seine exponierte Lage und Süd-/ Südwestausrichtung, so dass die Abendsonne diese Lehmwand noch erwärmen kann. Die Kombination aus Lehm und Sonne bietet Insekten, Vögeln und Kleinsäugern ein reichhaltiges Nahrungsangebot. Insbesondere für staatenbildende Hymenopteren wie Ameisen, Bienen und Wespen ist solch eine Lehmwand ein wahres Paradies.
An einem sonnigen November Nachmittag trafen sich 8 Mitglieder der NABU Ortsgruppe Kraichtal zu einer Pflegeaktion zur Erhaltung dieses artenreichen Biotops. Der hierfür erforderliche Pflegeplan wurde zuvor vom NABU Kraichtal erstellt und mit dem Landratsamt Abteilung Umwelt und der Umweltstelle der Stadt Kraichtal fachlich abgestimmt und betreut. Bei dieser Pflegemaßnahme wurden die teilweise bewachsenen Flanken wieder geöffnet und die Sträucher fachgerecht zurückgedrängt, so dass wieder Licht an die Wand gelangen kann. Die hinter der Wand befindlichen Sträucher wurden bewusst zum Schutz belassen. Eingebetes und verwachsenes Altholz wurde erhalten, da dies eine Lebensgrundlage für den in diesem Bereich vorkommenden Ameisenlöwen bietet. Selbst an kalten sonnigen Winternachmittagen kann man hier das reiche Insektenleben beobachten. Da die Hohl in einer schönen ursprünglich erhaltenen Kraichgau Landschaft eingebettet ist, konnten die Mitglieder des NABU auch einen riesigen, über Generationen ausgebauten, Dachsbau bewundern.
Foto: Lösswand in Oberöwisheim - Oktober 2012
14. Oktober 2012 - Inzwischen sind fast vier Jahre vergangen, seit die Lehmlösswand wieder freigelegt wurde. Zahlreiche Wildbienen haben sich eingefunden und ein Dachsbau ist gegraben worden. Leider wurde vom Landwirt oberhalb der Wand kein Abstand zum Abbruch eingehalten. Dies könnte über kurz oder lang zum Absturz der Kante führen und so dieses Biotop in seiner Qualität beeinträchtigen.